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Sek II

Glausers "Matto regiert"

Wie kommen wir überhaupt zu neuen Lehrstücken (das sind besondere Unterrichtseinheiten mittlerer Länge, aber grosser Reichweite) in einem Schulfach? Ist es möglich, aus allem und jedem Thema in der Schule gleich ein Lehrstück im Sinne des Pädagogen und Physikers Martin Wagenschein zu machen? Die Antwort lautet: Nein, denn für ein Lehrstück müssen gewisse Bedingungen gegeben sein; so etwa muss geklärt sein, ob der Stoff exemplarisch genug ist, um auch weiter in andere Fächer und Wissensgebiete auszustrahlen, ob wir ihn in seiner historischen Genese fassen können und diese dramaturgisch in einen genetischen Lehrgang für die heutigen SchülerInnen verdichten können. Es braucht also etliche Vorüberlegungen und vor allem eine Lehridee, wie wir einen Lehrgegenstand sachadäquat didaktisch umsetzen können. Diese Lehrideen fliegen einem nicht gerade täglich zu, sondern blitzen manchmal auf, wenn wir uns längere Zeit vertieft mit dem Thema auseinandergesetzt haben und die Augen immer offenhalten für Anregungen aus Wissenschaft und Kultur.

Lehrstück-Genese dank glücklichen Zufällen

So geschehen beim Thema Friedrich Glauser. Der Zufall wollte es, dass eine Studierende aus einer Klasse mit dem Wunsch an den Deutschlehrer herantrat, ihre Maturarbeit über den Schweizer Kriminalschriftsteller Friedrich Glauser schreiben zu wollen. Sie war von dessen Sprachverwendung fasziniert und wollte den Humor in seinem Roman „Matto regiert“ unter die Lupe nehmen. Die Analyse in ihrer Arbeit brachte zu Tage, dass es nicht nur um Humor, sondern um die vielfältige Verwendung von Ironie geht, die das Schreiben von Glauser einzigartig macht. Die gesamte Erzählsituation in „Matto regiert“ zeichnet sich durch eine raffinierte kritische Distanzierung des Erzählers von seinen Figuren, von den Themen und vom Trivialschema des gängigen Kriminalromans aus.

Gleichzeitig war 2011 ein neuer Film über Glauser in die Kinos gekommen, „Glauser“ von Christoph Kühn, der auch den „Matto“-Roman in den Mittelpunkt setzt, aber zudem noch die Genese von Glausers Werk aus der Lebens- und Schreibsituation des Autors in der psychiatrischen Klinik im Bernischen Münsingen (1932-1936) verfolgt. Damit war die Lehridee fürs Lehrstück gewonnen: Didaktisch können wir das Rätsel „Glauser“ über eine Annäherung an die Entstehungs-Situation seines exemplarischsten Romans zu lösen versuchen. Wir müssen uns in die „Werkstatt“ Glausers begeben und ihn befragen, wie er und warum er seine Internierungszeit in dieser Weise verarbeitet hat, wie sie uns in seinem „Anstaltsroman“ vorliegt. Ein Glücksfall deshalb, dass der Grafiker Hannes Binder im erwähnten Film die genetische Situation in Glausers „Werkstatt“ gleich in das folgende Bild verdichtet hat, das uns als Denkbild durchs Lehrstück begleiten kann:

Glausers Schreibsituation mit erscheinendem Wachtmeister Studer

Glausers Schreibsituation mit erscheinendem Wachtmeister Studer

Genug anregendes Material also, so dass der Entwicklung und Erprobung eines Lehrstücks zum "Vater des deutschsprachigen Krimis" nichts mehr im Wege stand. Die in der nebenstehenden Box abrufbaren Materialien erlauben es, das Lehrstück selbst im Unterricht zu spielen, zu erproben und hoffentlich weiterzuentwickeln. Rückmeldungen und Anfragen wie immer direkt hier auf Lehrkunst(at)lehrkunst.ch.